Fibromyalgie-Netzwerk Saarland
Fibromyalgie-Netzwerk Saarland

Häufig gestellte FRagen (FAQ=Frequently Asked Questions)

Im Folgenden beantworten wir Fragen, die von FMS-Betroffenen häufig bei Beratungsgesprächen gestellt werden.

 

Welcher Arzt ist zuständig, wenn mein Hausarzt die Behandlung ablehnt?

Es gibt keinen „Fibromyalgie Arzt“. Die Behandlungskoordination sollte von einem Arzt übernommen werden, der sich mit dem Krankheitsbild auskennt. Falls die /der Betroffene eine medikamentöse Therapie wünscht (die ist nicht zwingend notwendig!), sollte sie von einem Arzt durchgeführt werden, der sich mit den für die Behandlung des FMS empfohlenen Medikamente auskennt. Das sind in der Regel Schmerzmediziner, Neurologen und Psychiater. Die meisten Rheumatologen führen keine längerfristige medikamentöse Behandlung des FMS durch.

Glaubwürdigkeitsproblem der chronischen Schmerzen in der Medizin, Arbeitswelt, Familie und Gesellschaft – welche Erklärungen kann ich anwenden?

Verweisen Sie auf qualitätsgesicherte Informationen zum FMS, z. B. des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ)  https://www.kvhh.net/_Resources/Persistent/6/9/7/e/697e4f01c9d6b9c3072a449cffc7a45a8d46d710/fibromyalgiesyndrom-kip-kvh.pdf oder des  Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) https://www.gesundheitsinformation.de/fibromyalgie.html oder auf Fernsehsendungen https://www.swr.de/swr2/wissen/fibromyalgie-der-unverstandene-schmerz-swr2-wissen-2023-03-16-100.html

 

Was sind nozizeptive Schmerzen ?  

Unter Nozizeption versteht man die Wahrnehmung von Schmerzen. Die für diesen Vorgang verantwortlichen Nervenstrukturen nennt man Nozizeptoren. Als freie Nervenendigungen von Nervenzellem des Rückenmarks kommen Nozizeptoren in allen schmerzempfindlichen Geweben des Körpers vor. Schmerzen, denen nozizeptive Schmerzmechanismen zu Grunde liegen, werden durch Aktivierung von Schmerzrezeptoren im Körper, z. B. durch Entzündung, verursacht.

 

Was sind neuropathische Schmerzen ?

Schmerzen, denen neuropathische Schmerzmechanismen zu Grunde liegen, werden durch eine Schädigung von Nerven (Körperperipherie, Rückenmark, Gehirn) verursacht.

 

Was sind noziplastische (dysfunktionale) Schmerzen?

Schmerzen, denen noziplastische Schmerzmechanismen zu Grunde liegen, werden durch eine veränderte Schmerzverarbeitung im Gehirn und nicht durch eine Aktivierung von Nozizeptoren oder Schädigungen von Nerven verursacht.

Weitere Informationen zu den verschiedenen Schmerzmechanismen finden Sie unter https://www.gesundheitsinformation.de/chronische-schmerzen-verstehen.html

 

Welche Schmerzmechanismen spielen beim FMS eine Rolle?

Unter Forschern besteht weitgehend Einigkeit, dass noziplastische Schmerzmechanismen (veränderte Schmerzverarbeitung im Gehirn) beim FMS eine wesentliche Rolle spielen. Bei einigen Patienten können zusätzlich nozizeptive Schmerzmechanismen (Gewebeschädigung) hinzukommen, z. B. durch eine Arthrose (Gelenkverschleiß) oder eine entzündlich rheumatische Erkrankung. Ob bei dem FMS auch Nervenschmerzen eine Rolle spielen, ist umstritten. Der veränderten Schmerzverarbeitung im Gehirn beim FMS liegen keine irreversiblen Schäden zu Grunde. Sie kann durch therapeutische Maßnahmen teilweise wieder normalisiert werden.

 

Was sind kognitive Beschwerden?

Kognitive Beschwerden sind vom Patienten empfundene Probleme bei Gedächtnis („ich muss mir alles aufschreiben“) und Konzentration. Manche Betroffene berichten, dass sie „wie benebelt“ im Kopf sind (englisch: Fibro Fog= Fibronebel)

 

Neuroinflammation

Der Begriff Neuroinflammation beschreibt die Entzündung von Nervengewebe. Im engeren Sinn wird damit eine chronische Entzündung des Gehirns bezeichnet. Die multiple Sklerose wird durch Entzündungen im Gehirn und Rückenmark verursacht. Diese Entzündungen lassen sich im Kernspin nachweisen. Es gibt Hinweise, dass es beim FMS minimale entzündliche Prozesse an einigen Zellen des Gehirns (Mikro-Gliazellen) vorliegen. Diese entzündlichen Prozesse lassen sich nur mit Untersuchungsmethoden der Grundlagenwissenschaft nachweisen. Die Neuroinflammationshypothese des FMS hat aktuell (noch) keine Bedeutung für die Diagnostik und Therapie des FMS.

 

 

Ist die Fibromyalgie eine Autoimmunerkrankung?

Es gibt aktuell keine gesicherten Erkenntnisse, dass das FMS eine Autoimmunerkrankung ist. Es sind bisher beim FMS keine körpereigenen Stoffe identifiziert, die vom körpereigenen Immunsystem mit Antikörpern angegriffen werden. Entzündlich rheumatische Erkrankungen wie die rheumatoide Arthritis sind Autoimmunerkrankungen, d.h. die Zellen des Körpers, die vom Immunsystem angegriffen werden und die Art der attackierenden Antikörper sind bekannt. Ca. 30% der Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen haben trotz der vollständigen Kontrolle der Entzündung durch hochwirksame entzündungshemmende Medikamente ein FMS. Das ist ein weiteres Argument gegen die These, dass das FMS eine Autoimmunerkrankung ist.

 

Ist das FMS eine mitochondriale Erkrankung?

Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ der Zellen des Organismus. Es gibt keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass das FMS eine mitochondriale Erkrankung ist.

 

Warum bekomme ich Antidepressiva als Schmerzmittel?

Dem Schmerzerleben und unserer Gemütslage liegen dieselben Nervenbotenstoffe zu Grunde. Daher haben einige (nicht alle) Antidepressiva auch eine schmerzlindernde Wirkung. Die Dosis des beim FMS häufig eingesetzten Amitriptylins ist 2-4 mal niedriger als die Dosis, dir zur Behandlung von Depressionen genutzt wird. Daher ist der Begriff „Schmerzmodulator“ sinnvoller als „Antidepressivum“ wenn es um die Behandlung von FMS-Schmerzen geht.

 

Ich bin immer müde und erschöpft, habe Schlafstörungen

Nicht erholsamer Schlaf und Erschöpfung sind neben Schmerzen in mehreren Körperregionen (Rücken, Arme Beine) die beiden anderen Hauptsymptome des FMS. Die Zusammenhänge zwischen den drei Symptomen sind komplex. Langjährige Schlafstörungen erhöhen das Risiko, an FMS zu erkranken. Chronische Schmerzen führen zu Schlafstörungen (z. B. Aufwachen wegen Schmerzen). Betroffene mit FMS haben weniger Tiefschlafphasen - eine Erklärung für die Müdigkeit. Weitere Faktoren, die zu Erschöpfung führen könne, sind die veränderte Reizverarbeitung im Gehirn und die geringe körperliche Fitness von vielem FMS-Betroffenen.

 

Gehören Sehstörungen zur Fibromyalgie?

Sie sind kein diagnostisches Kriterium des FMS. Viele Betroffene klagen über trockene bzw. empfindliche Augen.

 

Was hilft schnell bei Fibromyalgie?

Nichts hilft schnell beim FMS. Es gibt kein Wundermittel gegen das FMS. Ein Medikament muss meist mindestens 2 Wochen eingenommen werden, um zu beurteilen, ob es wirkt. Die positiven Effekte von Herzkreislauftraining und psychologischen Verfahren lassen sich erst nach 4-12 Wochen beurteilen.

 

 

Stehen mir Schwerbehindertenprozente zu?

Die Landesämter für Soziales geben in der Regel einen Einzel- GdB (Grad der Behinderung von 20 für ein FMS. Begleitende psychische Störungen oder andere körperliche Erkrankungen können zu einer Erhöhung des Gesamt-GdB führen. Die Beurteilung geht immer nach dem Grad der körperlichen und psychischen und nicht nach den Diagnosen.

 

Komme ich mit Fibromyalgie in Rente?

Kurze Antwort: Nein

Längere Antwort: Viele FMS-Betroffene haben Probleme, ihre aktuelle Berufstätigkeit durchzuführen, vor allem wenn diese mit Zwangshaltungen oder dem Heben und Tragen von schweren Lasten verbunden ist. Trotzdem wird ihr Rentenantrag meistens abgelehnt. Wie ist das möglich?  Dazu ist es notwendig, die Definition der Berufsunfähigkeit im Deutschen Rentenrecht zu verstehen: Kann der Versicherte seinen zuletzt ausgeübten Hauptberuf gesundheitsbedingt nicht mehr ausüben, ist er dennoch solange nicht berufsunfähig, soweit er noch auf eine andere vollschichtige Tätigkeit verwiesen werden kann (Verweisungstätigkeit). Zur Beurteilung der Zumutbarkeit hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt. Danach sind in der Regel solche Tätigkeiten noch zumutbar, die der gleichen Qualifikationsstufe oder der nächstniedrigeren Qualifikationsstufe entsprechen. Zur Stufe 1 gehören ungelernte Berufe; Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren sind der Stufe 2 zuzuordnen; Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren der Stufe 3; Berufe, die zusätzliche Qualifikationen oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen gehören zur Stufe 4, ebenso wie Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister und Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; zur Stufe 5 gehören Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen; der Stufe 6 sind schließlich Berufe zuzuordnen, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht.

Nach Ansicht der Deutschen Rentenversicherung und der meisten Gutachter, welche für die Rentenversicherung bzw. Sozialgerichte tätig sind, können Betroffene mit FMS noch leichte körperliche Tätigkeiten ohne Zwangshaltungen mindestens  6 Stunden am Tag mit den üblichen Pausen durchführen. Beim Rentenantrag für die gesetzliche Rente berücksichtigen die Gutachter daher nicht die aktuelle berufliche Tätigkeit, sondern noch zumutbare Tätigkeiten. Die meisten FMS-Betroffenen, die einen Rentenantrag stellen, haben eine berufliche Qualifikation der Stufe 1 und 2. Sie können daher auf Tätigkeiten an sogenannten Schonarbeitsplätzen (z. B. Pförtner, Aufsichtsperson in einem Museum) verwiesen werden. Ob eine solche Tätigkeit auf dem Arbeitsmarkt verfügbar ist, darf bei der Begutachtung keine Rolle spielen. Daher wird der Rentenantrag wegen eines FMS in der Regel abgelehnt.

Einige Betroffene haben jedoch Begleiterkrankungen wie psychische Störungen oder orthopädische Erkrankungen wie fortgeschrittene Arthrosen, welche die Leistungsfähigkeit zusätzlich einschränken können. Beim Vorliegen von bedeutsamen Begleiterkrankungen befürworten Gutachter manchmal eine (teilweise) Erwerbsminderungsrente – wenn die schulmedizinisch anerkannten Behandlungen des FMS und seiner Begleiterkrankungen (dokumentiert durch Befundberichte aus ambulanter und stationärer Behandlung) zu keiner Besserung geführt haben.  Kostenlose Informationen zu Rente finden Fibromyalgie Betroffene unter https://www.dennis-riehle.de/

 

Ist der Widespread-Pain-Index (WPI) für mich als Patient wichtig?

Der Widespread-Pain-Index (WPI) ist ein Fragebogen, in dem der Patient die Zahl der Schmerzorte angeben kann. Er kann zur Unterstützung der Diagnose von Ärzten verwendet werden.  Eine Selbstdiagnose eines FMS mit dem WPI ist nicht möglich.

 

Was ist die ICD 11?

Die Weltgesundheitsorganisation WHO publiziert in mehrjährigen Abständen die Internationale Klassifikation der Erkrankungen (International Classification of Diseases= ICD). Im ICD erhalten Erkrankungen einen Kode. Dieser Kode muss in vielen Ländern (auch Deutschland) von Ärzten bei Abrechnungen von Leistungen benutzt werden. Mit den Kodes können Statistiken über die Häufigkeit von Krankheiten erstellt werden. Die aktuelle 11. Version des ICD (=ICD 11) trat am 01.01.2022 in Kraft. Aktuell wird in den meisten Ländern der Welt noch der ICD-10 verwendet.

Welche Bedeutung hat der ICD für Patienten? Im ICD -10 hat das FMS einen eigenen Kode (M79.7) – das bedeutet, es ist eine offiziell von der WHO anerkannte Erkrankung. Das ist wichtig bei Diskussionen mit Ärzten, die behaupten, „ein FMS gibt es nicht“. Im ICD-10 wurde das FMS im Kapitel der Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes gelistet. Im ICD-11 wurde das FMS aus diesem Kapitel entfernt und in das Kapitel „Chronischer Schmerz“ als Unterform eines chronisches ausgedehntes Schmerzsyndrom („chronic widespread pain“) (MG30.01) geführt – ohne eigenen Kode. Diese Änderung im ICD-11 wurde vom FMS-Expert‘*innen kritisiert.

 

 

Letzte Aktualisierung 29.01.2024

Verfasser: Cornelia Schmidt und Professor Dr. med. Winfried Häuser

Urlaubsimpressionen

Fibronetz Saar